BVerfG: Berliner Mietendeckel nichtig – Drohen Nachzahlungen und Kündigungen?

Marcel Jeske und Eliana Korn

Mit Beschluss vom 25.03.2021 kippt das Bundesverfassungsgericht den sog. Berliner „Mietendeckel“. Dieser ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und deshalb „insgesamt nichtig“ – zur Pressemitteilung v. 15.04.2021 geht es hier: Pressemitteilung.

Im Februar 2020 in Kraft getreten, sollte der Mietendeckel dafür sorgen, dass Vermieter die zum Teil schon überhöhten Mietpreise am Berliner Wohnungsmarkt nicht noch weiter in die Höhe treiben können. Deshalb wurden u.a. die bestehenden Mieten für ca. 1,5 Millionen Berliner Wohnungen rückwirkend zum Juni 2019 eingefroren. Zudem waren Vermieter durch den Mietendeckel gesetzlich verpflichtet, etwaige überhöhte Mieten abzusenken. Bei Verstößen drohte ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro. Nun wurde das Berliner Gesetz im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zum Gegenstand verfassungsgerichtlicher Überprüfung.

Mietendeckel

1. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts fehlt es dem Land Berlin bereits an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz. Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum fallen als Teil des sozialen Mietrechts in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für das bürgerliche Recht im Sinne von Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Dabei sind die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung nur dann zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis (noch) keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat. Der Bund ist aber insbesondere mit den Regelungen zur sog. „Mietpreisbremse“ von 2015 bereits tätig geworden, wonach die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum insoweit abschließend geregelt wurde.

2. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entfaltet der Mietendeckel keine Wirkung. Berliner Vermieter dürften deshalb Anspruch auf Nachzahlung derjenigen Differenzbeträge haben, die aufgrund des Mietendeckels nicht gezahlt wurden, obwohl sie vertraglich geschuldet waren.
Da sich die betroffenen Mieter mit den nicht gezahlten Differenzbeträgen in Zahlungsverzug befinden, dürften Vermieter im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sein, soweit die kündigungsrelevante Schwelle der §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB überschritten wurde. Ob zudem eine ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB möglich ist, kann aufgrund der besonderen Sachverhaltskonstellation angezweifelt werden, da die ordentliche Kündigung in der Regel eine schuldhafte Vertragsverletzung des Mieters voraussetzt. Vermietern wäre daher zu raten, ihre Ansprüche zunächst unter Setzung einer angemessenen Frist geltend zu machen. Zahlungsschwachen Mietern sollte hierbei die Möglichkeit gegeben werden, den ausstehenden Betrag ggfs. ratenweise zu begleichen.

Die betroffenen Mieter hingegen sollten nach Möglichkeit zeitnah die ausstehenden Beträge an ihre jeweiligen Vermieter zahlen, um dem Risiko einer Kündigung zu entgehen.

In einem Interview mit dem renommierten israelischen Wirtschaftsmagazin „The Marker“ wird der geschäftsführende Gesellschafter von Gelbart Legal, Nathan Gelbart, wie folgt zitiert:

„Der populistische Versuch, die angespannte Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt durch Mietpreisbegrenzungen zu entspannen, ist gescheitert und hat dem Markt keine einzige freie Wohnung hinzugefügt. Im Gegenteil, leerstehende Wohnungen wurden entweder verkauft oder leer gehalten, um nicht gegen die rechtswidrigen Beschränkungen zu verstoßen und um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten“.

Das gesamte Interview können Sie hier nachlesen:
https://www.themarker.com/wallstreet/.premium-1.9720123

Gern beraten wir Sie bei Gelbart Legal zu den Folgen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.